Definition
Die Schnellkraft ist ein entscheidender Faktor für die sportliche Leistung in Spielsportarten, Kampfsportarten und allen Sportarten, bei denen einzelnen oder repetitiv in kurzer Zeit (ca. 300ms) eine grosse Kraftmenge erzeugt werden muss (Sprintdisziplinen, Sprung beim Kunstturnen, Gewichtheben, Wurfsportarten, usw.).
Per Definition ist Schnellkraft die neurotendomuskuläre Fähigkeit, in kürzester Zeit eine maximale Kraftspitze zu generieren (Bührle, 1989). In anderen Worten: Es ist die Fähigkeit, bei willkürlicher Kontraktion das Kraftmaximumin optimal kurzer Zeit zu erreichen.
Für einen Teamsportler bedeutet dies z. B. eine Beschleunigung, einen Sprint, einen Richtungswechsel oder jede andere Aktion, mit der er sich über die Geschwindigkeit einen Vorteil gegenüber seinem Gegner verschaffen kann.
Schnellkraft = Explosivkraft?
In der Praxis werden Schnellkraft und Explosivkraft oft austauschbar verwendet. Wissenschaftlich gesehen ist die Explosivkraft zusammen mit der Startkraft einer der zwei Bestandteilen der Schnellkraft. Die Startkraft (1) ist die anfängliche Zunahme der Kraft in den ersten 30 Millisekunden einer Bewegung. Die Explosivkraft (2) entspricht der maximalen Geschwindigkeit der Kraftentwicklung während einer Bewegung, sprich dem steilsten Anstieg in der Kraftkurve. Am Ende der Kraftkurve wird das Niveau der Maximalkraft erreicht, wobei die Höhe der möglichen Maximalkraft auch vom äusseren Widerstand abhängig ist.
Diese drei Komponenten bilden zusammen die Schnellkraft.
Komponenten der Schnellkraft:
Startkraft (1): Entspricht der initialen Kraftanstiegsgeschwindigkeit (initial rate of force development; IRFD) während den ersten 30ms.
Explosivkraft (2): Entspricht der maximalen Geschwindigkeit der Kraftentfaltung (maximum rate of force development; MRFD) während einer Kraftaktion. → besonders bei Würfen relevant
Konzentrische Maximalkraft (3): Entspricht der höchsten Kraft, die das neuromuskuläre System willkürlich bei einer konzentrischen Testübung aufbringen kann.
Ist Schnellkraft trainierbar?
Ganz klar, wenn man zwei Schlüsselprinzipien beachtet (Cormie et al., 2011a):
1) Das Anforderungsprofil der Sportart berücksichtigen: Soll man seine Schnellkraft horizontal oder vertikal verbessern? Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass man sich in die Richtung verbessert, in die man trainiert (Jiménez-Reyes et al., 2018; Mcbride et al., 1999).
2) Vermeidung von Ermüdung: Jede Bewegung sollte mit maximaler Intensität und in einem erholten Zustand ausgeführt werden. Beide Faktoren sind extrem wichtig. Eine zu hohe Anzahl an Wiederholungen und zu kurze Erholungszeiten sind unbedingt zu vermeiden.
Konkret und unter Berücksichtigung dieser beiden Schlüsselprinzipien scheinen neben dem klassischen Schnellkrafttraining vier Trainingsformen besonders effektiv zu sein, um die Schnellkraft zu trainieren (Cormie et al., 2011b)
Trainingsformen der Schnellkraft
Das Training der Schnellkraft wird im klassischen Sinne mit 30-60% von 1RM (Gewicht von 1-repetition maximum) trainiert und als Methode explosiver nicht-maximaler Krafteinsätze verstanden. Die Bewegungsausführung ist in der Kontraktionsphase explosiv/schnell. Der Haupteffekte dieser Methoden sind eine schnelle Kontraktionsfähigkeit, Explosivkraft, intramuskuläre Koordination und Muskelsynchronisation. (Güllich & Krüger, 2013). Beispielsweise werden bei der Übung Bench Press 3-6 Serien mit 4-5 Wiederholungen mit 30-60% vom 1RM Gewicht gemacht, mit einer Serienpause von 3 Minuten.
Vier Trainingsformen:
1. Sprungtraining / Plyometrisches Training:
Sprungübungen wie statodynamische, elastodynamische oder reaktive Sprünge bieten einen hervorragenden Anreiz für das vertikale und horizontaleTraining der Schnellkraft.
Sie können meist ohne Geräte durchgeführt werden und sind für alle Athleten unabhängig von ihrem Niveau vorteilhaft. Bei Sprungtraining ist ein guter, progressiver Aufbau sowie genügend Pausenzeiten einzuhalten elementar, um Ermüdungsbrüche zu vermeiden.
Beispiele:
- 3 x 5 bodyweight box jumps mit 2-5‘ Pause
- 3 x 5 bodyweight squat jumps mit 2-5‘ Pause
- 3 x 5 bodyweight reactive drop jumps mit 2-5‘ Pause
2. Ballistisches Training:
Ballistische Übungen wie z.B. Medizinballwürfe oder bestimmte Bewegungen mit Kettlebells (z.B. Swing) zeichnen sich durch endlos mögliche Beschleunigungen aus, die nicht durch äussere Rahmenbedingungen gebremst werden. Sie sind sinnvoll, um die inter- und intramuskuläre Koordination zu verbessern. Diese Art von Training mit tiefen Lasten wirkt sich vor allem auf die Geschwindigkeitskomponente der Schnellkraft aus. Ballistische Übungen eignen sich besonders in Kombination mit (Maximal-) Krafttraining zu und/oder in Kombination mit plyometrischem Training.
Beispiele:
- 3 x 5 Kettlebell Swings at 30% 1RM mit 3-5‘ Pause
- 3 x 5 Overhead Medball Slams mit 3-5‘ Pause
- 3 x 5 Vertical MedBall Throw mit 3-5‘ Pause
3. Olympisches Gewichtheben:
Bewegungen vom Olympischen Gewichtheben wie Clean, Jerk und Snatch sind Schnellkraftübungen par excellence, da sie die Beschleunigung einer maximalen Masse in einer optimalen/minimalen Zeit beinhalten. Sie erfordern jedoch eine perfekte Technik, gute Beweglichkeit und eine hervorragende Rumpfstabilität.
Beispiele:
- 3 x 3 Clean Shrug BB @ 70-80% 1 RM mit 3-5‘ Pause
- 3 x 3 Clean BB @ 70-80% 1 RM mit 3-5‘ Pause
- 3 x 3 Snatch 1arm DB @ 70-80% 1 RM mit 3-5‘ Pause
4. Training der Maximalkraft:
Die Maximalkraft ist die Basisfähigkeit für die Schnellkraft (Explosivkraft + Reaktivkraft) sowie für die Kraftausdauer. Die Maximalkraft ist begrenzt durch den Muskelquerschnitt, der Muskelfaserstruktur und der willkürliche Aktivierungsfähigkeit. Gut zu wissen: 21-28% von der Explosivkraft hängt von der Maximalkraft ab.
Das Maximalkrafttraining wirkt sich auf die Kraftkomponente der Schnellkraft aus. Diese Art von Training fördert die muskuläre und neuronale Optimierung und trägt so zur Verbesserung der Schnellkraft bei. In der konzentrischen Phase soll das Gewicht so schnell wie möglich (maximal) beschleunigt werden. Dies führt zu einer höheren Aktivierung der Muskelfasern.
Beispiele:
- 3 x 1-5 Back Squat @ 90-100% 1RM mit 3-5‘ Pause
- 3 x 1-5 Deadlift @ 90-100% 1RM mit 3-5‘ Pause
- 3 x 1-5 Bulgarian Split Squat @ 90-100% 1RM mit 3-5‘ Pause
Optimale Planung des Schnellkrafttrainings
Ein optimaler Aufbau sowie eine generelle strukturierte Planung des Schnellkrafttrainings entsprechend dem Anforderungsprofil seiner Sportart ist der Schlüssel zur Entwicklung dieses Leistungsfaktors. Schnellkrafttraining werden oft mit Komplex oder Kontrastmethoden durchgeführt. So werden verschiedene Trainingsformen miteinander kombiniert, um einen höheren Trainingseffekt zu erhalten. Eine persönliche Betreuung, wie sie von pure sport angeboten wird, kann dir helfen, deine Ziele zu erreichen. Kontaktiere uns, wenn du mehr über unsere Schnellkraft-Trainingsprogramme, die konkrete Umsetzung in deiner Sportart und deinen Möglichkeiten erfahren möchtest.
Autor: William Häni
Co-Autor: David Denoth
Ein optimaler Aufbau sowie eine generelle strukturierte Planung des Schnellkrafttrainings entsprechend dem Anforderungsprofil seiner Sportart ist der Schlüssel zur Entwicklung dieses Leistungsfaktors.
Literatur
Bührle, M. (1989). Maximalkraft – Schnellkraft – Reaktivkraft: Kraftkomponenten und ihre dimensionale Struktur. Sportwissenschaft (Schorndorf), 19(3), S. 311-325.
Cormie, P., McGuigan, M. R., & Newton, R. U. (2011a). Developing maximal neuromuscular power: Part 1–biological basis of maximal power production. Sports Medicine (Auckland, N.Z.), 41(1), 17–38. https://doi.org/10.2165/11537690-000000000-00000
Cormie, P., McGuigan, M. R., & Newton, R. U. (2011b). Developing maximal neuromuscular power: Part 2 – training considerations for improving maximal power production. Sports Medicine (Auckland, N.Z.), 41(2), 125–146. https://doi.org/10.2165/11538500-000000000-00000
Güllich, A., & Krüger, M. F. (2013). Sport: Das Lehrbuch für das Sportstudium (1. Aufl.). Springer. doi:10.1007/978-3-642-37546-0
Jiménez-Reyes, P., Samozino, P., García-Ramos, A., Cuadrado-Peñafiel, V., Brughelli, M., & Morin, J.-B. (2018). Relationship between vertical and horizontal force-velocity-power profiles in various sports and levels of practice. PeerJ, 6, e5937. https://doi.org/10.7717/peerj.5937
Mcbride, J. M., Triplett-Mcbride, T., Davie, A., & Newton, R. U. (1999). A Comparison of Strength and Power Characteristics Between Power Lifters, Olympic Lifters, and Sprinters. The Journal of Strength & Conditioning Research, 13(1), 58.